Exkurs: Um die Bedeutung des variablen Zinssatzes zu verstehen, lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Noch in den 1970er Jahren waren Darlehen mit variablem Zinssatz als hauptsächliche Form der Baufinanzierung anzutreffen. Danach setzten sich Festzinsdarlehen durch. Variable Kredite blieben jedoch ein wichtiger Baustein einer Finanzierung. Je nach persönlichen Kriterien oder dem herrschenden Zinsniveau waren diese Verträge beliebt. Durch entsprechende Flexibilität konnte man jederzeit ohne Begründung und Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung diese Darlehen zurückzahlen oder in ein Darlehen mit Festzins umschulden.

Bei der Preisgestaltung (Zinssatz und Bearbeitungsgebühr) war der Kreditnehmer der Willkür der Banken und Sparkassen ausgesetzt. Weit verbreitet wurden bei fallenden Zinsmärkten die variablen Zinssätze nach unten nicht oder nur sehr schleppend angepasst. Galoppierte der Markt jedoch nach oben, passten die Kreditgeber sehr zügig die Zinssätze an. Zahlreiche variabel abgeschlossenen Darlehen nannten sich zwar so. Im Extremfall aber wurden ihre Zinssätze jahrelang nicht angepasst.

Diese für die Kunden nicht transparente Praxis ließ die Verbraucherschützer aufhorchen. Von da an wurde zunächst erstritten, dass die Verträge dergestalt ausgelegt werden mussten, dass die variablen Zinssätze nach bestimmten Kriterien auf die Veränderungen eines Referenzzinssatzes angepasst werden mussten. Die Zinssätze variabler Kredite orientieren sich bei den meisten Banken am Drei-Monats-Euribor. Das ist der Referenzzinssatz, zu dem sich Banken untereinander für diesen kurzen Zeitraum Geld leihen. Orientieren heißt aber nur, dass die Banken Veränderungen dieses Zinssatzes zum Anlass nehmen, Ihre Konditionen zu verändern. Üblich sind Aufschläge von derzeit ca. 1,5% als Kundenzins.

Welche Bedeutung hat das variable Darlehen heute?

Variable Darlehen spielen in der privaten Baufinanzierung mittlerweile nur noch eine untergeordnete Rolle. Verantwortlich dafür ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das den Banken untersagt hat, für Verbraucherdarlehen Bearbeitungsgebühren zu verlangen. Die zuvor übliche Gebühr von 0,5 -1,0% der Darlehenssumme fiel ersatzlos weg. Damit wurde der Bearbeitungsaufwand für die Kreditprüfung, die genauso umfänglich wie bei einem Festzinsdarlehen zu erfolgen hatte, refinanziert. Fällt diese Gebühr weg, bleibt den Kreditgebern nur noch der Sollzins als alleinige Ertragsquelle. Anders als bei einem Festzinsdarlehen weiß der Kreditgeber aber nicht, wann der Kreditnehmer seinen Kredit zurückzahlt. Wird solch ein Kredit schon nach kurzer Zeit getilgt, ist der Ertrag der Bank gleich Null oder sogar negativ.

Welche Folgen hat die BGH-Entscheidung?

Um Geld zu verdienen, haben Banken und Sparkassen den Zinssatz spürbar angehoben. Zum Teil liegt er über den Sätzen für eine 10-jährige Zinsbindung. Viel gravierender jedoch ist, dass einige Banken variable Darlehen nur noch unter bestimmten Bedingungen vergeben, z.B. gleichzeitig an den Abschluss eines Festzinsvertrages koppeln.

Ein Beispiel:

Sie verkaufen Ihr Einfamilienhaus und wollen eine neue Eigentumswohnung erwerben. Die Eigentumswohnung müssen sie kurzfristig bezahlen, haben jedoch Ihr Einfamilienhaus noch nicht veräußert bzw. bei schon erfolgtem Verkauf ist der Kaufpreis noch nicht fällig. Zur Überbrückung benötigen Sie nur einen variablen Kredit, den Ihnen die Bank wegen der nur kurzen Laufzeit und eines dauerhaft fehlenden Festzinses nicht ausreicht.

Als Folge können Sie, sofern Sie für die Bank ein attraktiver Kunde sind, mit dem Abzug der Geschäftsverbindung drohen und hoffen, dass sie einlenkt oder Spezialinstitute aufsuchen, die sich genau diese Marktlücke zu eigen machen. Die dort geforderten Zinssätze liegen dann oftmals beim Doppelten oder gar Dreifachen der für eine zehnjährige Zinsfestschreibung üblichen Konditionen. Durch die Abschaffung der Bearbeitungsgebühr als gut gemeinter Verbraucherschutz wird Kreditnehmern mit nur durchschnittlicher Liquidität ein Immobilienwechsel massiv erschwert.